Sie sitzt auf ihrem alten Sofa
 
 aus der Wirtschaftswunder-Zeit
 
 Zwei Glückwunschkarten auf dem Tisch
 
 Dallas ist längst vorbei
 
 Alles Gute zum einundsechzigsten
 
 liebe Omi, tschüs, bis bald
 
 Die Kinder sind jetzt groß und außer Haus
 
 Die Wohnung ist oft kalt.
 
  
  Irgendwas hat sie immer zu tun
 
 sie teilt sich die Hausarbeit ein
 
 und jeden Abend schaltet sie ab
 
 und das Fernsehen ein
 
 Das war nicht immer so
 
 erst seit sie allein ist
 
 seit ihr Mann starb
 
 den sie mit feuchten Augen vermißt
  
 
 Sie hat so gern getanzt mit ihm
 
 und manchmal, wenn´s zu sehr weh tut
 
 legt sie ihre alte Lieblingsplatte auf
 
 und tanzt ganz für sich
  
 
 Wenn sie diesen Tango hört,
 
 vergißt sie die Zeit
 
 Wie sie jetzt lebt ist weit, weit entfernt
 
 wie ein längst verglühter Stern
  
 
 Aus der Heimat verjagt und vertrieben
 
 nach Hitlers großem Krieg
 
 Sie hat kräftig mitbezahlt
 
 für den deutschen Traum von Sieg
 
 Dann der lange harte Wiederaufbau
 
 für ein kleines Stückchen Glück
 
 Das lang ersehnte Eigenheim
 
 Kinder für die Republik
  
 
 Die sollten´s später besser haben
 
 darum packte sie fleißig mit an
 
 So bliebt ihr oft zu wenig Zeit
 
 für sich und ihren Mann
 
 Ein ganzes Leben lang zusammen
 
 gelitten, geschuftet, gespart
 
 Jetzt wäre´ doch endlich Zeit für mehr
 
 jetzt ist er nicht mehr da